Marco Bülow zur Parteienfinanzierung

Marco Bülow
Marco Bülow

Wie den Medien in den letzten Tagen zu entnehmen war, hat sich unser Bundestagsabgeordneter Marco Bülow einmal mehr zum Reformbedarf bei der Parteienfinanzierung zu Wort gemeldet. Er regt an, über das Thema auch in der Dortmunder SPD eine Diskussion zu beginnen. Wir veröffentlichen seine entsprechende Erklärung hier im Wortlaut.

Parteienfinanzierung transparent und fair umgestalten

Vor allem in den letzten Jahren ist durch fragwürdige Parteienfinanzierung, z.B. durch Spenden, Sponsoring oder Honorare für Reden, immer mehr der Eindruck entstanden, dass Lobbyisten sich einen direkten Zugang zur Politik erkaufen können. Aber „Schwarze Koffer“ und dubioses Sponsoring für Parteien gibt es natürlich schon viel länger. Hinzu kommt die undurchsichtige Finanzierung der Parteien durch Steuergelder, die an Fraktionen und parteinahe Stiftungen fließen. Es gilt hier endlich größtmögliche Transparenz zu schaffen und den Einfluss von finanzstarken Interessen zu begrenzen.

Der steigende Vertrauensverlust der Bevölkerung spricht eine klare Sprache. Laut einer aktuellen Studie glauben 61% der Deutschen, dass wir nicht mehr in einer echten Demokratie leben (siehe http://www.sueddeutsche.de/politik/extremismus-es-gibt-ein-grosses-unbehagen-an-der- demokratie-1.2365993). Wir Politiker müssen aber das Heft selbst in die Hand nehmen, einen radikalen Kulturwandel vollziehen – schon allein um Vertrauen zurückzugewinnen. Ansonsten wird der Schaden größer und die Forderungen, was die Parteien angeht, immer diffuser und überzogener. Für einen radikalen Wandel der politischen Kultur setze ich mich schon seit Jahren ein und ich möchte auch bei der Parteienfinanzierung ein deutliches Signal setzen.

Klar ist für mich aber auch, dass Parteien, die laut Art. 21 GG bei der politischen Willensbildung mitwirken sollen, ausreichend finanziert werden müssen. Je knapper die Ressourcen aus z.B. Mitgliedsbeiträgen für die Parteien werden, desto größer werden die Einfallstore für verdeckte Parteienfinanzierung und Lobbyeinflüsse. Parteienfinanzierung und Lobbyismus Die Verbindungen zwischen Parteien und einigen großen Unternehmen bzw. Interessenverbänden ist in den letzten Jahren immer offensichtlicher geworden. In Erinnerung geblieben ist vor allem der Fall Mövenpick, bei dem eine Spende aus der Mövenpick Gruppe an die FDP eine Reduzierung der Mehrwertsteuer für Hotels durch die Regierung aus Union und FDP nach sich zog. Vor einigen Jahren machte auch der Fall der Firma Gauselmann Schlagzeilen. Der Spielautomatensteller pflegt enge Beziehungen zur FDP, die sogar soweit führten, dass ein Tochterunternehmen der Gauselmann-Gruppe über eine Million Euro in die FDP-Tochter Altmanndruck GmbH investierte und Anteile an der FDP-Tochter ProLogo im Wert von 652.500 Euro gekauft hat. In diesem Zusammenhang wirkt es zumindest verwunderlich, dass die FDP in ihrer Regierungszeit immer wieder Partei für die Glücksspielindustrie ergriff. Besonders fragwürdig an solchen Geldströmen ist vor allem, dass sie durch fehlende Transparenz für die Öffentlichkeit nicht sichtbar werden. Aber auch die anderen Parteien bekommen immer wieder fragwürdige Spenden, die häufig mehr als nur ein „Geschmäckle“ hinterlassen.

Problematisch ist auch das völlig intransparente Parteisponsoring, das in den Rechenschaftsberichten der Parteien ohne Nennung der Sponsoren lediglich als Gesamtsumme der Einnahmen auftaucht. Erzielt werden diese Einnahmen vor allem durch den Verkauf von Ausstellungsflächen bei Parteitagen oder großen Festen und durch den Verkauf von Werbeanzeigen in Parteizeitungen. In der Regel liegen die Preise für die Ausstellungsflächen oder Anzeigen weit über Marktniveau, weshalb sich hier die Frage nach verdeckten Spenden an die Parteien eindeutig stellt.

Verdeckte Parteienfinanzierung durch Steuergelder? Seit den 1960er Jahren gibt es eine Obergrenze für staatliche Zuflüsse an die Parteien. Diese gilt jedoch nicht für die Fraktionen und parteinahen Stiftungen, die auch staatliche Mittel erhalten. Manche halten dies für verdeckte Parteienfinanzierung und dieser Vorwurf wird derzeit auch vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Auch die Gehälter der Mitarbeiter der Abgeordneten in den Wahlkreisen, die gleichzeitig für eine Parteiorganisation arbeiten, werden kritisiert. Die Befürchtung ist, dass diese Mitarbeiter nicht nur parlamentarische Arbeit für den Abgeordneten verrichten, sondern in ihrer Arbeitszeit auch für die jeweilige Partei tätig sind. Genau hier sollte man aber differenzieren, um zu verhindern, dass teilweise gerechtfertigte Kritik in eine abstruse Hexenjagd ausartet.

In meinem Wahlkreisbüro arbeiten z.B. in der Regel studentische Hilfskräfte, die teilweise gleichzeitig auch bei den Jusos aktiv sind. Für mich und meine Mitarbeiter ist es eine Selbstverständlichkeit, dass in der Arbeitszeit keine Parteiarbeit für die Jusos oder die SPD gemacht wird. Unbenommen davon muss es für Mitarbeiter von Abgeordneten jedoch möglich sein, sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich zu engagieren. Ich persönlich bevorzuge sogar Mitarbeiter, die sozial und/oder politisch aktiv sind. Ich möchte nicht, dass in meinem Büro Bürokraten arbeiten, die nichts mit Politik zu tun haben, sondern Menschen mit Idealen und klaren Vorstellungen. Natürlich muss man sich fragen, ab welcher Ebene ein Parteiamt und eine Tätigkeit bei einem Abgeordneten zu sehr verschmelzen. Aber nehmen wir ruhig meinen Fall als Beispiel. Eine studentische Hilfskraft arbeitete für mich 10 Stunden in der Woche und war gleichzeitig Mitglied im Dortmunder Juso-Vorstand. Ich finde, dies als nicht legitim zu brandmarken, ist überzogen.

Parteienfinanzierung reformieren! Schon lange setze ich mich dafür ein, den Einfluss großer Konzerne auf die Parteien und die Politiker entgegenzuwirken. Lobbyismus ist zu einer einseitigen Waffe einiger weniger einflussreicher Unternehmen und Zusammenschlüsse geworden. Das Nachsehen haben die meist finanzschwachen Nichtregierungsorganisationen und viele kleine und mittelständische Unternehmen. Undurchsichtige Parteispenden und das Parteiensponsoring verstärkt ein solches Ungleichgewicht. Auch der Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung über Steuergelder muss entkräftet werden. Daher benötigen wir dringend eine Reform der Parteienfinanzierung.

Was muss passieren – welche Vorschläge gibt es? Es gibt bereits eine ganze Reihe von Vorschlägen zur Reformierung der Parteienfinanzierung. Leider halten sich hier jedoch gerade die Parteien selber sehr zurück. Von der Union gibt es gar keine Vorschläge, die SPD fordert eine Höchstgrenze für Parteispenden von 100.000 Euro pro Spender im Jahr und dass das Sponsoring in den Rechenschaftsberichten der Parteien aufgeführt wird. Die Forderungen der Nichtregierungsorganisationen wie LobbyControl oder Transparency International gehen hier viel weiter: Sie fordern z.B. eine Obergrenze von Parteispenden und –sponsoring von 50.000 Euro im Jahr pro Spender und Partei. Außerdem eine Absenkung der Veröffentlichungspflichten von Parteispenden auf 10.000 Euro für eine sofortige Offenlegung (bisher 50.000 Euro) und auf 2.000 Euro (bisher 10.000 Euro) für eine Veröffentlichung im Rechenschaftsbericht der Parteien. Direktspenden an parteigebundene Abgeordnete sollen verboten werden und das Parteiensponsoring umfassend offengelegt werden.

Meine Vorschläge sind:

  •  Einrichtung einer unabhängigen Kommission oder einer Enquete-Kommission, die kreative und umfassende Vorschläge für eine Reform der Parteienfinanzierung erarbeitet. Die Kommission sollte als erstes die Frage klären, inwieweit und bis zu welcher Ebene Mitarbeiter von Abgeordneten für Parteiorganisationen arbeiten dürfen, wenn sich der Abgeordnete verpflichtet, diese Mitarbeiter nur für die parlamentarische Arbeit einzusetzen. Sie sollte sich dann aber vor allem mit einer grundlegenden Reform beschäftigen und dabei der Frage nachgehen, wie die Parteien auch in Zukunft noch finanziell lebensfähig sein können.
  • Einführung einer Obergrenze für Parteispenden und Parteisponsoring von 50.000 Euro pro Jahr, Spender und Partei.
  • Absenkung der Veröffentlichungsgrenzen von Parteispenden: Sofortige Offenlegung ab 10.000 Euro (bisher 50.000 Euro), Auflistung im Rechenschaftsbericht ab 2.000 Euro (bisher 10.000 Euro). Außerdem Veröffentlichung der Spenden auf einer eigenen Internetseite.
  • Parteisponsoring den gleichen Regeln wie Parteispenden unterwerfen, einschließlich einer Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit von Sponsoring als Betriebsausgaben.
  • Transparenz bei staatlichen Zuwendungen an Fraktionen und parteinahe Stiftungen schaffen.
  • Diskussion über Direktspenden an Abgeordnete. Verbot zumindest ab einer Höhe von 500 Euro.